publiziert
in:
Wissenschaftliche Zeitschrift der Bauhaus-Universitдt Weimar: Beitrдge zur Baustoff-Forschung 2001 - Weimar, F.A.Finger-Institut fьr Baustoffkunde, 5./6. Heft, 2001, 47.Jahrgang, S. 158-165 |
Bauhaus-Universitдt Weimar
F.A.
Finger-Institut fьr Baustoffkunde
Direktor: Prof. Dr.-Ing. habil. J.
Stark
Hans-Bertram Fischer
Boris
Vtorov
Zur Messung von Volumenänderungen während der anfänglichen Hydratation von Calciumsulfat-Bindemitteln
Volumenänderungen sind besonders für Estrichmörtel auf Calciumsulfatbasis bedeutungsvoll, da deren Qualität wesentlich durch die Volumenstabilität geprägt wird.
Dabei werden diese auftretenden Volumenänderungen während der Hydratation von Bindemitteln vorzugsweise als Längenänderung erfasst. Erst seit kürzerer Zeit ist es aber möglich, diese Änderungen unmittelbar ab dem Zeitpunkt der Probenbereitung kontinuierlich zu messen (Meßrinne, häufig als СSchwindrinneС bezeichnet). Bei diesem Verfahren gestaltet sich der Anschluss des Messfühlers an die Meßform als relativ kompliziert. Ebenso gilt es den subjektiven Faktor bei Befüllen der Meßform u.ä. zu berücksichtigen. Dadurch ist es sehr schwierig, vergleichbare Ergebnisse in unterschiedlichen Laboratorien zu erzielen. Dies belegt ein Ringversuch zur Messung des Längenänderungsverhaltens eines Anhydritmörtels, bei dem Misch- , Einfüll- und Lagerungsbedingungen vorgegeben waren. Hier differierten die Meßformen lediglich in Details. Ausgewählte Kurven sind in der Abb. 1 zusammengestellt. Allerdings gilt es anzumerken, dass eine ausreichend gute Reproduzierbarkeit für eine bestimmte Meßrinne unter gleichen Bedingungen und bedient vom selben Laboranten gegeben ist.
Abb. 1
Ergebnis eines Ringversuches zur Ermittlung des Längenänderungsverhaltens eines Anhydritestrichs unter gleichen Randbedingungen Ц Darstellung der Resultate von 5 ausgewählten Laboratorien
Damit wird deutlich, dass ein Bedarf an einer von Fremdeinflüssen weitgehend unabhängigen Methode besteht. Völlig neu ist diesbezüglich ein Lasermeßverfahren, welches vom Hersteller auf Grund der Meßform auch als СSchwindkegelС bezeichnet wird.
Diese beiden Meßmethoden sind zwei sich prinzipiell unterscheidenden Prinzipien zuzuordnen:
Auf Grund der geringen Erfahrungen mit diesen relativ neuen Meßmethoden, gibt es kaum aussagekräftige Literaturstellen. Es fehlen bisher systematische Untersuchungen zur Darstellung eines möglichen Einflusses verschiedener Faktoren auf das Längenänderungsverhalten in den ersten Stunden der Hydratation. Eine Deutung sowie zielgerichtete Beeinflussung dieser wichtigen Kenngröße ist somit zur Zeit nicht möglich.
Deshalb war es Ziel dieser Arbeit, Volumenänderungen hydratisierender Anhydritmischungen sowohl nach dem vertikalen als auch dem horizontalen Meßprinzip (СSchwindkegelС und СSchwindrinneС) zu erfassen. Dabei soll auf der Basis der Untersuchung vom Mischungen verschiedener Zusammensetzungen herausgefunden werden, ob beide Meßprinzipen gleichartige bzw. differierende Ergebnisse liefern, welches der beiden Meßprinzipien genauere Resultate ermöglicht.
Verwendete Materialien und Meßgeräte
Für die nachfolgend durchgeführten Untersuchungen wurden verschiedene Anhydrite verwendet. Als Beschleuniger diente eine Mischung aus K2SO4 (2 % bezogen auf den Anhydrit) und Ca(OH)2 (0,3 % bezogen auf den Anhydrit). Der Wasser-Bindemittel-Wert (l/s) wurde entsprechend den Erfordernissen variiert:
Naturanhydrit (Krölpa): l/s = 0,355 bzw. 0,380 bzw. 0,430
SynthetischerіAnhydrit (Bad Wimpfen): l/s = 0,355 bzw. 0,380 bzw. 0,430
Thermischer Anhydrit (Lünen): l/s = 0,380 bzw. 0,400 bzw. 0,430
Meßkegel delta EL der Firma SCHLEIBINGER (Lasermeßverfahren)
Mit diesem Meßkegel wird das Längenänderungsverhalten in vertikaler Richtung gemessen. Die Längenänderung wird dabei berührungslos durch einen Laserstrahl erfaßt, digitalisiert und mittels eines Computerprogrammes aufgezeichnet.
Abb. 2
Meßaufbau zur Ermittlung von Volumenänderungen mit Hilfe eines Lasermeßverfahrens (Meßkegels der Firma SCHLEIBINGER)
1 - Prüfbehälter;
2 - Prüfgut;
3 - Lasereinheit (an einem Gestell befestigt);
4 - Reflektorplättchen;
5 - PC / Programm
Das Prüfgut in einer Menge von ca. 350 ml wird in einen kegelförmig geformten, mit einer Folientasche ausgelegten Prüfbehälter eingefüllt. Der Abstand von der Kegelspitze bis zur Prüfgutoberfläche beträgt dabei ca. 100 mm. Ein auf die Prüfgutoberfläche aufgebrachtes Reflektorplättchen ermöglicht die Lasermessung. Mit einer am Gestell befindlichen Justierschraube wird der optimale Meßbereich eingestellt. Der Nullabgleich erfolgt am PC durch Tastendruck.
Meßrinne des FIB
Mit einer am FIB modifizierten Meßrinne wird das Längenänderungsverhalten von Bindemittelsuspensionen während des Verfestigungszeitraumes in horizontaler Richtung gemessen. Die Rinne besteht aus einem stählernen Rahmen mit aufgesetzten Stahlwandungen als äußere Begrenzung. In einem darin eingepaßten Kunststoffeinsatz (ausgekleidet im Inneren mit Schaumstoff und Folie) wird eine behinderungsfreie Querdehnung sowie eine geringer Reibungswiderstand erzielt. Über einen beweglichen Kunststoffkolben, der in die Stahlform leicht gängig eingepaßt ist, wird die Längenänderung auf einen Wegaufnehmer (Auflösung: 1 µm) übertragen. Der unmittelbare Kontakt zwischen Kunststoffkolben und Baustoffprisma wird über Schrauben sichergestellt. Dichtungsgummi verhindert einen möglichen Wasseraustritt. Die Meßlänge des Prisma beträgt 250 mm bei einem Querschnitt von ca. 30 mm x 40 mm.
Abb. 3
Aufbau der Meßrinne des FIB
Meßrinne der Firma SCHLEIBINGER
Diese Meßrinne hat einen gleichartigen Aufbau wie die FIB-Rinne. Die Meßlänge beträgt 1000 mm und erfordert einen deutlich höheren Materialeinsatz. Die Abdichtung zwischen Rinne und Stempel wird über Fett realisiert, auf einen Plasteeinsatz konnte daher verzichtet werden. Zur Verminderung der Wandreibung wird ein Neoprenschaumfließ verwendet. Auf einer Seite ist die Rinne mit einem beweglichem Stempel ausgerüstet, der weitgehend reibungsfrei (auf Rollen) geführt wird. Er überträgt die Längenänderung mechanisch auf den Wegaufnehmer (Auflösung: 0.3 µm). Die Daten werden digitalisiert und über das Computerprogramm aufgezeichnet.
2. Experimentelle Untersuchungen von Volumenänderungen
Bei instabilen Mischungen aus fester und flüssiger Phase (Suspensionen) kommt es infolge Sedimentation zu Wasserabsonderungen im Oberflächenbereich. Eine vergleichbare Erscheinung der Wasserabsonderung während des Verfestigungsprozesses, das so genannte СBlutenС, ist mitunter bei Bindemittelleimen zu beobachten.
Dies hat keinerlei Auswirkungen auf die Meßergebnisse beim horizontalen Messverfahren, solange die Meßformen keine Undichtigkeiten (Flüssigkeitsverlust!) aufweisen. Im Falle des vertikalen Verfahrens mittels Laserstrahlmessung sind solche Erscheinungen aber unbedingt zu beachten.
Dies hängt damit zusammen, dass hierbei (Meßkegel-Verfahren) das Reflektorplättchen zunächst auf der Suspensionsoberfläche aufliegt. Im Falle einer Flüssigkeitsabsonderung verändert sich die Position des Plättchens, da sich die Dichten von wässriger Lösung und Brei unterscheiden. Das Reflektorplättchen (Dichte: ca. 0,95 g/cm3) verbleibt auf der dichteren Trennschicht (Suspensionsoberfläche), während das Flüssigkeitsniveau im Bezug auf das Plättchen ansteigt. Aus diesem Grunde wird mit zunehmender Sedimentation das Reflektorplättchen absinken und eine Volumenabnahme СsignalisierenС. Erst bei genügend großen Mengen an oberflächlichem Wasser kann das Reflektorplättchen aufschwimmen, wird aber nie die ursprünglich Position einnehmen.
Untersuchungen an Wasser/Sand-Gemischen
Aus diesen Zusammenhang heraus wurden zunächst inerte Suspensionen (Wasser-Sand-Gemisch) mit unterschiedlichem Wasser/Feststoff-Verhältnis hergestellt. Wie erwartet, zeigt der Meßkegel Volumenveringerungen über der Zeit an, obwohl es hierfür keinerlei Ursachen gibt. Die Abb. 4 belegt das stärkere Sedimentationsbestreben bei höherem Wasseranteil in den jeweiligen Suspensionen. Bei einer horizontalen Meßwertermittlung (z.B. Schleibinger Meßrinne) kam es hingegen zu keinerlei Meßwertänderung im betrachteten Zeitraum. Der Schwindkegel ist somit zur Charakterisierung einer möglichen Sedimentation von Suspensionen geeignet.
Abb. 4
Darstellung der scheinbaren Volumenänderung bei vertikalem Messverfahren (Meßkegel) im Vergleich zu einem horizontalen Meßverfahren (Schleibinger- bzw. FIB-Meßrinne)
Das Sedimentationsverhalten von Anhydrit/Wasser-Suspensionen
Für diese Untersuchungen wurden thermischer und natürlicher Anhydrit als Bindemittel eingesetzt. Zur Darstellung der Sendimentation wurde der Anteil des Anmachwassers stufenweise erhöht. Erwartungsgemäß kam es mit zunehmendem Wasser/Bindemittel-Wert zu einer scheinbaren Volumenabnahme, d.h. zu einer ausgeprägteren Sedimentation (siehe Abb. 5). Der Unterschied zwischen Naturanhydrit und thermischen Anhydrit erklärt sich durch unterschiedliche Verarbeitbarkeit bei gleichen Wasser/Bindemittel-Wert.
Abb. 5
Charakterisierung der Sedimentation von Anhydrit/Wasser-Suspensionen durch СscheinbareС Volumenreduzierung
Vergleichende Untersuchung der Volumenänderung mittels vertikalem und horizontalem Meßverfahren
Zunдchst sollte herausgefunden werden, inwieweit die mittels Meяkegel und Meяrinne gefundenen Ergebnisse fьr das Lдngenдnderungsverhalten eines hydratisierenden Baugipses vergleichbar sind. Abbildung 6 zeigt diese Ergebnisse. Parallel hierzu wurde fьr Interpretationszwecke die Temperaturдnderung des Gipsbreies erfasst. Im Ergebnis dieser Untersuchungen lдsst sich feststellen, dass sowohl vertikales als auch horizontales Messverfahren unter den gegebenen Bedingungen nahezu gleiche Ergebnisse liefern. Unterschiede bestehen in der Anfangsphase. Der anfдngliche Abfall beim Meяkegel ist mit Sicherheit auf einen instabilen, sedimentierenden Gipsbrei zurьckzufьhren. Volumenдnderungen im Bereich 30...60 min sollten ihre Ursache (vor allem) in der abnehmenden Temperatur des Gipsbreies haben. Die wдhrend des Ansteifens registrierte Volumenzunahme hдngt mit dem Wachsen der Gipsnadeln und dem sich ausbildenden Gefьge zusammen.
Abb. 6
Vergleichende Untersuchung des Längenänderungsverhaltens von hydratisierendem Baugips mittels Meßkegel und Meßrinne (FIB)
(W/G = 0,6; tLabor = 25 ∞C)
In einer weiteren Versuchsserie (Abb. 7) wurde das anfängliche Verfestigungsverhalten eines mit Kupfersulfat (3 %) angeregten Naturanhydrits untersucht. Der Wasser/Bindemittel-Wert betrug l/s = 0,38. Infolge einer zähflüssigen Konsistenz und der recht schnell einsetzenden Strukturbildung konnte für diese Mischung mittels Meßkegel keine Sedimentation festgestellt werden. Der Kurvencharakter war bei allen Methoden gleich. Wiederum wurden mit dem Meßkegel höhere Absolutwerte gemessen.
Unklar ist, ob die Differenz zwischen den beiden Meßrinnen mit deren unterschiedlichen Abmessungen zusammenhängt oder ob eine unterschiedliche Gängigkeit der Meßkolben (unterschiedlicher Widerstand gegenüber volumenzunahmebedingenden Prozessen) hierfür ursächlich ist.
Abb. 7
Vergleichende Untersuchung des Längenänderungsverhaltens eines ansteifenden Naturanhydrits mit Kupfersulfatzusatz (3 %) mittels Meßkegel und Meßrinnen (FIB und SCHLEIBINGER)
(l/s = 0,40; tLabor = 22 ∞C)
Im weiteren wurde das Längenänderungsverhalten von einem thermischen Anhydrit mittels dieser drei Meßmethoden dargestellt (Abb. 8). Auch hierbei zeigte sich, dass die ablaufenden Vorgänge während des Verfestigungsprozesses durch alle drei Methoden erfasst werden können. Beim Meßkegel ist die anfängliche Sedimentation des Breies zusätzlich zu erkennen. Der weitere Kurvenverlauf liegt deshalb in seinem Niveau deutlich unterhalb der beiden anderen Kurven (ca. 0,7 mm/m). Da die Vorgänge mittels Kegel deutlicher erfasst werden, vergrößert sich diese Differenz in einem Verfestigungszeitraum von 6 h auf ca. 1,5 mm/m.
Abb. 8
Vergleichende Untersuchung des Längenänderungsverhaltens eines thermischen Anhydrits während der Hydratation mittels Meßkegel und Meßrinnen (FIB und SCHLEIBINGER)
(l/s = 0,40; tLabor = 21...23 ∞C, Versteifungsbeginn nach ca. 3 h)
Zur Reproduzierbarkeit von Messungen mit den Meßkegel
Für die Versuche zur Charakterisierung der Reproduzierbarkeit der Meßwertermittlung mittels Meßkegel wurde synthetischer Anhydrit mit einem Wasser/Bindemittel-Wert von 0,38 verwendet. Die erhaltenen Ergebnisse sind in Abbildung 9 dargestellt und charakterisieren den Sedimentationsprozeß. Dies wird verständlich, wenn man davon ausgeht, dass erst nach mehr als 60 min der Versteifungsbeginn einsetzt (und damit auch die strukturbildende Prozesse spürbar werden). Gleichzeitig war bei dieser Versuchsserie eine Wasserabsonderung an der Oberfläche der Suspension visuell zu beobachten (Zeitraum: bis zu 45 min).
Die doch recht erheblichen Diskrepanzen zwischen einzelnen Kurvenscharen sind insbesondere auf Temperaturunterschiede im Labor zurückzuführen. Differenzen innerhalb dieser Gruppen lassen sich auf den subjektiven Faktor der Probenbereitung (insbesondere Einfüllzeitpunkt und Zeitpunkt des Auflegens des Reflektorplättchens) zurückführen. Auf der Basis dieser Ergebnisse wurde daher die Vorschrift zur Versuchsdurchführung präzisiert. Gleichzeitig ist das Arbeiten in klimatisierten Räumen erforderlich.
Abb. 9
Zur Reproduzierbarkeit von Messungen mit dem Meßkegel: Suspension aus synthetischem Anhydrit und Wasser
(l/s = 0,38)Temperaturbedingungen: I - 20...21 ∞C; II - 25...27 ∞C; III - 25...27 ∞C
Zur Reproduzierbarkeit von Messungen mit der Meßrinne (Firma SCHLEIBINGER)
Zur Charakterisierung der Reproduzierbarkeit der Meßwertermittlung mittels der Meßrinne der Firma SCHLEIBINGER wurde ein thermischer Anhydrit mit einem Wasser/Bindemittel-Wert von 0,40 verwendet. Die erhaltenen Ergebnisse sind in Abbildung 10 dargestellt. Da thermischer Anhydrit im Vergleich zum Naturanhydrit deutlich reaktiver ist kommt es hier bereits nach wenigen Minuten zu Volumenzunahmen. Alle Kurven weisen einen gleichartigen Kurvencharakter auf. Differenzen sind im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Temperatur und dem subjektiven Faktor der Probenherstellung zu sehen.
Abb. 10
Zur Reproduzierbarkeit von Messungen mit der SCHLEIBINGER-Meßrinne: Suspension aus thermischem Anhydrit und Wasser (l/s = 0,40)
Temperaturbedingungen: I - 21 ∞C; II - 22,5...23,5 ∞C
Zusammenfassung
Volumenänderungen hydratisierender Anhydritmischungen lassen sich sowohl mittels Meßrinne als auch Meßkegel charakterisieren. Mit Hilfe des Meßkegels lassen sich mögliche Volumenänderungen differenzierter erfassen. Zum einen werden auf Grund der Spezifik der Meßmethodik (weniger die Volumenänderung behindernde Einflußfaktoren) derartige Veränderungen deutlicher ermittelt. Andererseits ist es mit Hilfe dieses Gerätes möglich, Sedimentationserscheinungen von instabilen Suspensionen aufzuzeigen.
Unter Beachtung einer genauen Versuchsdurchführung ist es möglich, gut reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten. Der Einfluss des subjektiven Faktors ist bei Messungen mit dem Meßkegel geringer einzuschätzen als mit der Meßrinne. Daher stellt das Lasermeßverfahren eine wertvolle Ergänzung zur Bestimmung von Volumenänderungen unter spezifischen Bedingungen dar.